Zu einem meiner letzten Geburtstage bekam ich von lieben Freunden ein Buch geschenkt, dass es in sich hat: „Alt werden ist nichts für Feiglinge“. Die Lektüre hatte mir zunächst Angst gemacht, dann ernüchtert und zum Schluss begeistert. Der Optimismus kam mit dem Entschluss, ein eigenes Buch zu schreiben.
Wenngleich mein Werk noch nicht vollendet ist, will ich euch doch schon ein paar Kostproben zukommen lassen. Denn wertvolle Ratschläge kann man nie genug bekommen im Leben, vor allem nie früh genug. Deshalb schreibe ich das Buch insbesondere für junge Leute, wenngleich die Zeilen auch für Jungsenioren geeignet sind. (Anmerkung: Die Stories schreibe eigentlich nicht ich, sondern das Leben. Das sind ja bekanntlich die besten Geschichten.)
Hier also die Leseprobe aus dem Buch „Mord beinah – Scheidung nie“.
(Entnommen dem Kapitel „Do it your self – Ermutigungstraining“)
Der alte Mann und das Handy – Vom Fluch der Technik
So schockiert und verunsichert war ich noch nie in meinem Leben! Grund ist ein iPhone5 – das „alte“ Handy meiner Frau, welches pünktlich zum Geburtstag in meinen Besitz überging. Ich hatte diesmal meiner Frau zu ihrem Geburtstag das Geschenk quasi aufgedrängt: ein neues iPhone6. Im Hinterkopf hatte ich dabei ein zugegeben etwas eigennütziges Motiv: Meine Gattin jammert zwar oft, wie sehr sie die neue Technik hassen würde. Aber sie ist gut und vor allem schnell im Umgang mit jeder neuen Technologie. Dass dies für einen (altersbedingt?) immer langsamer werdenden Ehemann nützlich ist, liegt auf der Hand.
Man kann niemanden zu seinem Glück zwingen. Das wurde mir klar, als sie das Ding auspackte und ganz respektlos in die Hand nahm. In Erwartung eines dicken Dankeschöns, sagte ich mit einem leichten Seufzer: „Ja, ja, du hast immer das neuste Modell!“ Ganz cool antwortete meine Frau: „Ja, außer beim Ehemann!“
Nach dieser ersten Ernüchterung versuchte ich, mich über mein eigenes Geschenk zu freuen, das mir sozusagen in den Schoß gefallen war. Aber so richtig glücklich bin ich bis heute nicht damit geworden. Eigentlich hasse ich das Gerät. Am liebsten würde ich es unbemerkt verschwinden lassen. Aber das geht nicht. Meine Finanzministerin würde es bemerken, und dann wäre die Hölle los. Bis jetzt behandle ich das Ding wie ein heißes Eisen. Aber wenn ich es wegschmeiße, ist Feuer überall. Dabei fing alles so gut an!
Weil sich das iPhone schnell entlädt, habe ich es an Strom gehängt und lange dort gelassen. Inzwischen hatte ich mir ein Buch gekauft, das die Bedienung Senioren gerecht erklärt. Untertitel: „Schritt für Schritt“. Aber die Schritte waren zu groß für mich. Ich kam ins Stolpern. Zum Glück war dann der Akku wieder leer und das Gerät musste wieder an Strom.
Irgendwann habe ich dann ein erstes Telefonat hinbekommen. Aber nur weil ich meinen Vorsatz gebrochen hatte, meine holde Gattin nicht zu fragen. Nach dem von ihr „betreuten“ (und damit geglückten Telefonat) nahm ich mir nochmals vor: „Deine erste SMS schreibst du selbst – ohne deine Frau zu fragen!“ Schließlich hatte ich mir ein nicht eben billiges Handbuch gekauft. Den häufigsten Spruch meiner Gattin „Handbuch lesen!“ wollte ich mir nicht noch einmal anhören. Außerdem kommt jedes Mal bei solchen Gelegenheiten wieder hoch, dass sie kurz nach der Hochzeit „Dipl.-Ing.“ mit „Dipl-Dapp“ übersetzte. (Wo ich mir doch diesen Titel so schwer erarbeitet hatte, und nur weil ich ihre schöne neue Vase hatte fallen lassen.)
Aber zurück zu meinem derzeitigen Problem. Mein erster Versuch eine SMS zu schreiben, erfolgte vor zwei Monaten. Nach zirka dreißig Minuten musste ich aufgeben, obwohl mein Ehrgeiz noch gereicht hätte. Grund: Totaler Aussetzer des rechten Zeigefingers! Der ließ sich wegen Verkrampfung weder vorwärts noch rückwärts beugen. Mit dem Mittelfinger bin ich nicht beweglich genug und mit meinem Daumen treffe ich immer vier Tasten auf einmal. Entnervt gab ich auf.
Als mein Zeigefinger nach ein paar Tagen wieder funktionsfähig war, startete ich meinen zweiten Versuch. Diesmal schrieb ich meiner Tochter Sandra eine SMS. Warum gerade ihr? Nun – ich habe den Eindruck, dass sie das meiste Mitleid für mich aufbringt, was bei den anderen beiden Kindern nicht unbedingt der Fall ist, von meiner Ehefrau ganz zu schweigen!
Ich kam diesmal einen großen Schritt weiter. In etwa zwanzig Minuten brachte ich drei Zeilen hin, die durchaus Sinn machten. Zum Senden muss ich dann wohl die Löschtaste erwischt haben, denn das Display zeigte den Startbildschirm.
Der Druck, es noch einmal zu probieren war groß. Ich begann also von vorne mit dem Schreiben. Ich war fast fertig, da läutete es an der Tür. Das beste Töchterchen der Welt stand vor mir. Wozu SMS schreiben? In den Arm nehmen, ist viel schöner! Ich habe dann ganz schnell über das Wetter geredet. Wollte mich doch nicht blamieren!
Den letzten Versuch, eine SMS zu schreiben, startete ich vor ein paar Tagen bei meinem Freund Werner. Der lacht mich zwar auch gerne aus, aber bei dem bin ich Lästern gewohnt. Mit wachsendem Selbstvertrauen bekam ich einen durchaus ordentlichen Text hin, den jeder FSK-Ausschuss genehmigt hätte. Sogar das Senden gelang diesmal, denn nur wenige Sekunden später erhielt ich eine sehr höfliche SMS zurück, dass der Herr „Sowieso“ bis Ende der Woche leider nicht in seinem Büro sei.
Vor lauter Schreck, offensichtlich eine falsche Nummer eingegeben zu haben, drückte ich in loser Folge mehrere Tasten. Dies hatte verschiedene Ereignisse zur Folge. Als sich am Schluss das Display nicht mehr veränderte, egal welche Tasten ich drückte, konsultierte ich das Handbuch. Auf der ersten Seite fand ich das gleiche Bild wie auf meinem Handy. Darunter stand „Sperrbildschirm“.
Ich schnürte alle meine restlichen Nervenfasern zu einem Bündel und machte mich auf die Suche nach der EIN/AUS-Taste. Im Handbuch wohlgemerkt! (Schließlich versuche ich immer auf meine Frau zu hören.) Auf Seite 10 fand ich tatsächlich das Bild.
Doch selbst das Ausschalten gestaltete sich nicht so einfach, wie sich das Wort anhört. Wieder hatte ich ein Problem. Nein, nein – den Taster habe ich dank des hervorragenden Bildes gleich gefunden. Meine zu dicken Finger waren die Ursache der erneuten Malaise. Aber als echter Hausmann habe ich natürlich einen Schraubenzieher im Schreibtisch …
Fehler sind zum Lernen da. Was also habe ich aus dieser Geschichte gelernt?
Ich schalte mein Handy nicht wieder ein. Ich warte bis mein Enkelsohn Rohith alt genug ist, dass er mir helfen kann.
Nachtrag 1:
Die Anregung zu dieser Geschichte bekam ich hier:
Nachtrag 2:
Wenn euch die Geschichte motiviert hat, könnt ihr mir ja hier ein paar Zeilen schreiben. Nichts motiviert mich mehr als ein paar Worte meiner Leser. Und ihr wisst ja bereits, dass ich noch berühmt werden will! Ich bedanke mich schon einmal ganz artig.